Informationsbriefe

Informationsbriefe

Zurück
Smart News 15 Dez 2020

Beschluss von Bund und Ländern – Gesetzliche Vermutung von Covid-19-Maßnahmen als schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage

pdf-lnk

Update

Während wir in unseren Smart News Ausgaben #September/2020 und #November/2020 noch die unterschiedliche Beurteilung der Covid-19-Maßnahmen durch verschiedene Landgerichte aufzeigten, ist die Politik mit ihrem Beschluss vom Sonntag bereits einen Schritt weiter gegangen.

Im Rahmen einer Telefonkonferenz zwischen der Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Regierungschefinnen und
-chefs der Bundesländer, beschlossen diese, dass eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer schwerwiegenden Veränderung der Geschäftsgrundlage in Bezug auf Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse gelten soll, wenn diese Vertragsverhältnisse von staatlichen Covid-19-Maßnahmen betroffen sind.

Der Wortlaut des Beschlusses

In dem am 13. Dezember 2020 auf der Website der Bundesregierung veröffentlichten Beschlusses heißt es unter
Ziffer 15 konkret:

Für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Covid-19 Maßnahmen betroffen sind, wird gesetzlich vermutet, dass erhebliche (Nutzungs-) Beschränkungen in Folge der Covid-19-Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. Damit werden Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. Pächtern und Eigentümern vereinfacht.

Die Bedeutung des Beschlusses

Zunächst ist festzuhalten, dass der am Sonntag veröffentlichte Beschluss keine Gesetzeswirkung entfaltet, da wie schon bei dem im Frühjahr verabschiedeten Gesetz im Zuge der Covid-19-Pandemie auch hier das ordentliche Gesetzgebungsverfahren eingehalten werden muss.

Dennoch gibt der Beschluss einen Ausblick darauf, wie die Politik gedenkt, die nach wie vor andauernden Einschränkungen und Belastungen von gewerblichen Mietern und Pächtern zu lindern.

Den Gewerbemietern und -pächtern soll vor allem über das Instrument der Vertragsanpassung in § 313 Abs. 1 BGB ermöglicht werden, gegenüber ihren Vermietern (Mietminderungs-)Ansprüche geltend zu machen, bzw. ihnen auf diesem Wege einen stärkeren Hebel für Verhandlungen mit ihren Vermietern an die Hand zu geben.

Unklar bleibt nach Veröffentlichung des Beschlusses allerdings wann und inwiefern ein Gewerbemiet- oder Pachtverhältnis als betroffen gelten wird. Ferner bleibt unklar, inwiefern die Prognose, dass Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. Pächtern und Eigentümern vereinfacht würden, zwingend sein wird.

LPA-Fazit

Im Unterschied zu dem im März 2020 verabschiedeten Gesetz zeichnet sich ab, dass die Politik den damals verabschiedeten Kündigungsschutz im Lichte der anhaltenden Covid-19-Maßnahmen als unzureichend bewertet und sich nunmehr gezwungen sieht, auf Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse proaktiver Einfluss zu nehmen.

Bemerkenswert ist, dass sich der Beschluss klar gegenüber der überwiegenden Rechtsprechung abgrenzt: Lediglich das LG München hatte sich kürzlich für eine Berücksichtigung der Covid-19-Maßnahmen als Mietmangel und Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgesprochen, war damit, soweit erkennbar, mit dieser Ansicht jedoch klar in der Minderheit.

Wir erwarten mit Spannung, ob und in welcher Form der Beschluss vom Sonntag in gesetzliche Regelungen gegossen wird.