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Deutsch-Französischer Informationsbrief Informationsbrief Arbeitsrecht Smart News 25 Nov 2021

Bereitschaftsdienst und Dienstreisen – Vergütungspflicht des Arbeitgebers?

Der EuGH hat jüngst mit Urteil vom 9.9.2021 – C-107/19 klargestellt, dass Ruhezeiten etwa im Rahmen von Bereitschaftsdiensten als vergütungspflichtige Arbeitszeit einzuordnen sind. Hier ging es um einen Feuerwehrmann, der sich während der Rufbereitschaft in der Betriebskantine aufhalten durfte, jedoch wenn nötig, binnen 2 Minuten für einen Einsatz bereit sein musste. Solche Rufbereitschaftszeiten wurden nur als Arbeitszeit angerechnet und vergütet, wenn tatsächlich ein Feuerwehreinsatz erfolgte.

Eine solche Regelung ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Wenn sich der Arbeitnehmer während der Bereitschaftszeiten an bestimmten vom Arbeitgeber vorgegebenen Orten aufhalten muss, um gegebenenfalls sofort seine Leistung erbringen zu können, handelt es sich um zu vergütende Arbeitszeit. Denn auch wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit herangezogen wird, kann er weniger frei über seine Zeit verfügen, als wenn er sich in seinem familiären und sozialen Umfeld aufhält.

Etwas anderes kann gelten, wenn Arbeitnehmer während solcher Ruhezeiten lediglich erreichbar sein müssen, die Zeit aber im Wesentlichen frei gestalten und sich ihren persönlichen und sozialen Interessen widmen können.

Dies entspricht der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 29.6.2016 – 5 AZR 716/15). Das BAG hat jedoch präzisiert, dass die Vergütung während solcher Rufbereitschaftszeiten anders geregelt werden kann. Es ist lediglich sicherzustellen, dass solche Rufbereitschaftszeiten mit dem Mindestlohn vergütet werden.

Diese Grundsätze gelten nach dem BAG auch für Reisezeiten, die dienstlich veranlasst sind (BAG, Urt. v. 17.10.2018 – 5 AZR 553/17).

Arbeitgeber haben insofern einen breiten Regelungsspielraum, wie sie die Vergütung regeln wollen, insbesondere wenn das Gehalt der betroffenen Arbeitnehmer bereits weit über dem Mindestlohn liegt. Für die Einhaltung des Mindestlohns ist nämlich stets auf die Gesamtvergütung pro Monat abzustellen. Bei einer hohen Grundvergütung werden nur geringer vergütete Arbeitszeiten im Rahmen einer Rufbereitschaft oder bei Dienstreisen regelmäßig nicht dazu führen, dass der Mindestlohn nicht erreicht wird.

Wichtig ist allerdings, dass solche abweichenden Vergütungen klar geregelt sind. Andernfalls sind entsprechende Ruhe- oder Reisezeiten grundsätzlich wie normale Arbeitszeit zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen (BAG, Urt. v. 26.6.2019 – 5 AZR 452/18).