Pressemitteilungen

Pressemitteilungen

Zurück
Pressemitteilungen 30 Jun 2022

ImmoWeek: Frankreich: Fester Kaufpreis von Bauträgerverträgen und VEFAs im Kontext wirtschaftlicher Umwälzungen: rechtliche Analyse (Dienstleistungssektor)

pdf-lnk

Ukraine-Krieg, Inflation, explodierende Rohstoffkosten, hohe Energiepreise, verzögerte Lieferfristen, steigende Zinssätze… Für Baufachleute ist es schwierig, Kostenvoranschläge zu erstellen, ohne das Risiko einzugehen, mit Verlust zu arbeiten und sich an Fristen zu binden.

Das Prinzip: Feste Kaufpreise für Bauträgerverträge und VEFA

Genau dies wird aber von einem Bauträger im Rahmen eines Bauträgervertrags (CPI) oder von einem Verkäufer bei einem Verkauf in einem zukünftigen Zustand der Fertigstellung (VEFA) erwartet: eine feste und endgültige Verpflichtung bezüglich des Objekts und des Preises und eine voraussichtliche Fertigstellungsfrist, die sich nur aufgrund vertraglich im Voraus festgelegter Gründe verschiebt, nämlich bei Eintreten der sogenannten legitimen Gründe für Fristenaussetzung.

Artikel 1831-1 des frz. Zivilgesetzbuches definiert den Bauträgervertrag als einen Auftrag von gemeinsamem Interesse, durch den sich eine als „Bauträger“ bezeichnete Person gegenüber dem Bauherrn verpflichtet, zu einem vereinbarten Preis mittels Werkverträgen die Realisierung eines Bauprogramms für ein oder mehrere Gebäude zu veranlassen sowie gegen eine vereinbarte Vergütung alle oder einen Teil der rechtlichen, administrativen und finanziellen Transaktionen, die dazu beitragen, vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen. Der Preis eines CPI ist also vertraglich festgelegt und kann nicht variieren, da es sich um einen Pauschalpreis handelt.

Bei VEFAs, die für Immobilien des sogenannten „freien“ Sektors, d. h. des tertiären Sektors (Büros oder Logistiklager), abgeschlossen wurden, bestand die Praxis vor dem Ukraine-Krieg stets darin, feste Preise zu verlangen, die nicht geändert werden konnten, wobei der Verkäufer das Risiko von Preissteigerungen und des Baus trug.

Höhere Gewalt und Unvorhersehbarkeit

Es stellt sich daher die Frage, ob es rechtliche Mechanismen gibt, die es Bauträgern oder Projektverkäufern ermöglichen, aus dem vereinbarten Vertragsrahmen auszubrechen, um eine Preisanpassung zu ermöglichen.

Wie bei der Covid-19-Pandemie kann man in erster Linie an die höhere Gewalt denken. Diese ermöglicht es einem Schuldner, sich von seiner Haftung zu befreien, wenn er einen Fall höherer Gewalt nachweist. Dieser Nachweis setzt voraus, dass das Ereignis, das er erleidet, die Merkmale des Artikels 1218 des Zivilgesetzbuches aufweist, d. h. dass es von außen kommt, unvorhergesehen ist und dass seine „Auswirkungen nicht durch geeignete Maßnahmen verhindert werden können“. Das Ereignis muss sich der Kontrolle des Schuldners entziehen und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vernünftigerweise nicht vorhersehbar gewesen sein.

Aktuelle Lieferschwierigkeiten oder Preissteigerungen aufgrund der geopolitischen und wirtschaftlichen Lage hindern Bauherren nicht daran, zu bauen: Sofern der Bauherr nicht nachweisen kann, dass es keine andere Bezugsquelle gibt, wird die Erfüllung seiner Verpflichtung „nur“ komplizierter, länger oder teurer, aber nicht unmöglich. Die bloße Tatsache, dass die kosten für die erwartete Leistung steigen, reicht nicht aus, um höhere Gewalt als Grund für die Befreiung eines Bauherrn von seiner Bauverpflichtung anzunehmen.

Bei Verträgen, die vor Beginn des Ukraine-Konflikts geschlossen wurden, könnte jedoch, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, gegebenenfalls höhere Gewalt als Begründung für eine Verschiebung der Lieferfrist herangezogen werden. Es wird Aufgabe des Richters sein, den Zeitpunkt zu beurteilen, ab dem die durch den Ukraine-Konflikt ausgelösten Folgen dem Bauunternehmer hätten bekannt sein müssen, der sich darauf berufen möchte, um eine Verlängerung der Bauzeit zu rechtfertigen.

Der einzige Mechanismus, der Projektverkäufern und Bauträgern eine Verhandlung der vertraglich vereinbarten Preise ermöglicht, ist die Theorie der Unvorhersehbarkeit, die in Artikel 1195 des Zivilgesetzbuches verankert ist: „Wenn eine Änderung der Umstände, die bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar war, die Erfüllung für eine Partei, die nicht zugestimmt hatte, das Risiko zu übernehmen, übermäßig kostspielig macht, kann diese Partei von ihrem Vertragspartner eine Neuverhandlung des Vertrags verlangen“. Wird die Neuverhandlung abgelehnt oder scheitert sie, können die Parteien vereinbaren, dass der Vertrag zu einem von ihnen festgelegten Zeitpunkt und unter von ihnen festgelegten Bedingungen aufgelöst wird, oder sie können im gegenseitigen Einvernehmen das Gericht um eine Vertragsanpassung ersuchen. Kommt innerhalb einer angemessenen Frist keine Einigung zustande, kann das Gericht auf Antrag einer Partei den Vertrag zu einem von ihm festgelegten Zeitpunkt und unter von ihm festgelegten Bedingungen überarbeiten oder beenden.

Dies ist im Übrigen das gesetzliche Instrument, das die Regierung im Sinne des Rundschreibens vom 27. März 2022 „über die Ausführung von Verträgen des öffentlichen Auftrags im aktuellen Kontext steigender Preise für bestimmte Rohstoffe“ empfiehlt. Dieses Rundschreiben enthält wieder eine entsprechende Empfehlung für die Ausführung von privaten Bauaufträgen , wobei diese nicht zwingend ist.

Bei Verträgen, die vor dem Ukraine-Konflikt geschlossen wurden, könnte man davon ausgehen, dass dieser Krieg einen unvorhersehbaren Umstand darstellt, der die Erfüllung für die Bauherren übermäßig teuer macht, vorausgesetzt allerdings, es gelingt, den Zeitpunkt zu bestimmen, ab dem die Umstände noch nicht bekannt sein konnten. Diese Argumentation kann jedoch auf zwei Hindernisse stoßen.

Die erste ist faktisch, denn die aktuelle Logistikkrise bestand bereits vor diesem Konflikt, hat ihn nur verschärft und betrifft speziell Verträge, die ab dem zweiten Quartal 2021 geschlossen werden. In erster Linie waren es die weltweiten Eindämmungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ab Frühjahr 2020, die zu einer starken Verlangsamung der Industrietätigkeit und einem Einbruch der Endnachfrage führten, was wiederum ab Frühjahr 2021 zu starken Spannungen auf dem Markt für bestimmte Materialien (PVC, Polystyrol, Stahl, Kupfer, usw.) führte. Hinzu kamen verschiedene andere Ereignisse, insbesondere Wetterereignisse und Unfälle (wie die Waldbrände in den USA), die die Holzbranche destabilisierten.

Der zweite ist rechtlicher Natur, da es mittlerweile üblich ist, die Anwendung von Art. 1195 des frz. Zivilgesetzbuches in CPI und VEFAs vertraglich auszuschließen, so dass seine Anwendung in der Praxis möglicherweise bereits eingeschränkt ist. Außerdem wäre es für Bauherren bereits heute nicht mehr möglich, sich auf die Theorie der Unvorhersehbarkeit zu berufen, da die Umstände und ihre Folgen inzwischen bekannt sind.

Zukünftige Vertragsmechanismen

Angesichts der Schwierigkeit, die Baukosten vorherzusehen, werden immer häufiger Preisnachverhandlungen oder auch Forderungen nach Klauseln in den Verträgen, die eine zukünftige Anpassung der Preise ermöglichen, gestellt.

Hardship-Klauseln sind somit wieder im Kommen und sollen die Neuverhandlung eines Vertrags auf Initiative einer oder aller Parteien, wenn ein wirtschaftliches Ereignis das Gleichgewicht der im Vertrag vorgesehenen Leistungen ernsthaft destabilisiert, ermöglichen. Aus Sicht der Bauunternehmen sind diese Klauseln zwar verständlich, doch bieten sie den Käufern und Investoren keine Möglichkeit, die Preisentwicklung zu antizipieren, und setzen sie damit einem Risiko aus.

Andere Mechanismen beginnen sich abzuzeichnen, wie z. B. Preisanpassungsklauseln, die sich beispielsweise auf die Gewinnspanne des Bauträgers beziehen – die dann offengelegt und begründet werden muss – oder auch Indexierungsklauseln, bei denen der Preis entsprechend den Schwankungen eines vereinbarten Indexes variiert.

Diese Klauseln können alternativ oder zusätzlich durch neue Regelungen ergänzt werden, die (i) den Einsatz von Materialänderungen (ii) oder auch die Vorausplanung der Versorgung durch Anpassung der Zahlungspläne erleichtern können.

Außerdem muss aus zeitlicher Sicht ein besonderes Augenmerk auf die Fristen für die Operation im engeren Sinne gelegt werden, die natürlich die aktuellen Probleme berücksichtigen müssen, indem sie eine Sicherheitsmarge in Betracht ziehen.

Ganz allgemein könnten sich die vertraglich vereinbarten legitimen Gründe für die Rechtfertigung von Fristenaussetzung dahingehend ändern, dass auch Kriege einbezogen werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Vertragspraxis seit dem Auftreten von Covid-19 vor zwei Jahren unbestreitbar erschüttert ist.

Die Schwierigkeiten und die Lösungen, die zu ihrer Überwindung gefunden wurden, stellen ein interessantes Argumentationssubstrat dar, das den Dialog fördert und auf die Intelligenz der Parteien vertraut, da man feststellen muss, dass die Corona-Krise die Baustellen nicht beeinträchtigt hat und die Mehrkosten, die mit der Gesundheitskrise verbunden waren, alles in allem begrenzt waren.

Auch wenn die mit dieser Versorgungskrise verbundenen Mehrkosten bedeutender und die Störungen allgemeiner sind, spricht nichts dagegen, dass sich die Parteien austauschen, um sich über die gegenseitigen Auswirkungen durch pragmatische und vernünftige Lösungen zu einigen: der gütliche Weg ist häufig in der Tat der einzige, der es ermöglichen kann, die laufenden Bauarbeiten nicht zu blockieren.