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Update Covid-19: Erleichterungen für Unternehmen

 

Im Zuge der Covid-19-Pandemie hat der Gesetzgeber in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens Erleichterungen für Unternehmen eingeführt. Über arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Aspekte berichtete bereits unser erster Newsletter zur Corona-Krise.

Am 27. März haben Bundestag und Bundesrat nun ein neues Gesetz verabschiedet, das weitere Erleichterungen umsetzt. Daraus gehen insbesondere Änderungen im Insolvenzverfahren, wie die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht unter bestimmten Voraussetzungen, Leistungsverweigerungsrechte bei Dauerschuldverhältnissen und gesellschaftsrechtliche Erleichterungen von Beschlussfassungen in Gremiensitzungen hervor. Interessant sind vor allem die Änderungen im Gesellschaftsrecht sowie, im Rahmen der Dauerschuldverhältnisse, die eingeschränkten Kündigungsrechte bei Miet- und Pachtverhältnissen. Beides soll im Folgenden näher erläutert werden.

 

I. Gesellschaftsrecht – Gremiensitzung online

Um die Handlungsfähigkeit von Unternehmen trotz bestehender Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeit zu gewährleisten, werden vorrübergehend insbesondere die Durchführung von Hauptversammlungen, Gesellschafterversammlungen, Mitgliederversammlungen und General- oder Vertreterversammlungen zahlreicher Gesellschaften wesentlich erleichtert.

Dabei gilt für die AG, KGaA, VVaG und SE, dass der Vorstand der Gesellschaft auch ohne Satzungsermächtigung die Möglichkeit einer Online-Teilnahme und Online-Stimmabgabe einzelner Aktionäre oder eine vollständig präsenzlose, also virtuelle Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten beschließen kann. Die Wahrnehmung von Aktionärsrechten kann demnach z.B. während einer Videokonferenz durch Stimmabgabe per Email oder durch andere technische Mittel geschehen.

Wichtig ist dabei, dass die Stimmabgabe hinterher zweifelsfrei dem betreffenden Aktionär zugeordnet werden kann und nachweisbar abgegeben wurde. Auch muss dieses Abstimmungsverfahren vorher genau erläutert werden und für alle Teilnehmer technisch umsetzbar sein.

Darüber hinaus kann die Einberufungsfrist der Hauptversammlung auf 21 Tage verkürzt werden und der Vorstand kann nun auch ohne Regelung in der Satzung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vornehmen. Auch kann die Hauptversammlung auf Beschluss des Vorstands innerhalb des gesamten Geschäftsjahres durchgeführt werden, womit die bisherige Achtmonatsfrist verlängert wird. Die genannten Beschlüsse des Vorstands bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats, welcher diese ebenfalls in einer virtuellen Sitzung erteilen kann.

Auch GmbHs profitieren von dem Gesetz durch eine vereinfachte Beschlussfassung. So bedarf es im schriftlichen Umlaufverfahren nicht mehr einer vorherigen Zustimmung aller Gesellschafter. Es genügt die Anordnung der schriftlichen Beschlussfassung und die nach Gesetz oder Satzung erforderlichen Stimmen für den Beschluss. Eine Ausnahme greift nur in seltenen Fällen, in denen die Satzung Beschlussfassungen außerhalb einer Gesellschafterversammlung ausdrücklich untersagt. Hier müsste das Umlaufverfahren weiterhin einstimmig beschlossen werden.

Für Vereine gilt wiederum, dass Mitgliedern eine virtuelle Teilnahme an der Versammlung ermöglicht oder die gesamte Mitgliederversammlung virtuell abgehalten werden kann. Mitgliederrechte können auch hier ohne Satzungsregelung im Wege elektronischer Kommunikation ausgeübt werden. Alternativ kann Mitgliedern auch vor der Versammlung die Möglichkeit eingeräumt werden, ohne Teilnahme an der Versammlung die Stimme im Voraus abzugeben.

Zudem wird die Beschlussfassung im Umlaufverfahren dahingehend erleichtert, dass nicht mehr alle Mitglieder dazu vorab ihr Einverständnis erteilen müssen. Die Beschlussfassung kann direkt vom Vorstand angeordnet werden, wobei Voraussetzung ist, dass alle Mitglieder an der Abstimmung beteiligt wurden (ordnungsgemäße Einladung und Möglichkeit zur schriftlichen Stimmabgabe) und mindestens die Hälfte aller Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben.

Für Genossenschaften wurden ebenfalls virtuelle General- oder Vertreterversammlungen und Vorstands- oder Aufsichtsratssitzungen ohne Satzungsregelung ermöglicht.

Darüber hinaus wird auch das Problem auslaufender Amtszeiten von Vorständen geregelt: Ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied eines Vereins oder einer Genossenschaft bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.

Sämtliche Regelungen gelten nur befristet bis zum Ablauf des Jahres 2020. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz kann die Regelungen ggf. um ein Jahr bis Ende 2021 verlängern.

 

II. Miet- und Pachtverhältnisse

Viele Unternehmen mussten infolge der Covid-19–Pandemie ihre Geschäfte schließen und können folglich keine oder kaum noch Einnahmen verbuchen. Dem stehen weiterhin fortbestehende Miet- oder Pachtforderungen gegenüber, welche zahlreiche Unternehmen schnell vor große Herausforderungen stellen können. Unterbleiben die Mietzahlungen oder erhebliche Teile davon für zwei aufeinanderfolgende Termine, kann der Vermieter das Mietverhältnis normalerweise aus wichtigem Grund fristlos kündigen.

Um dieser Gefahr zu begegnen, hat der Gesetzgeber ein „Moratorium“ geschaffen, demzufolge das Kündigungsrecht für Mietverhältnisse über Grundstücke oder Räume beschränkt wird. Demnach kann das Mietverhältnis wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 nicht gekündigt werden, sofern die Nichtleistung der Miete auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht. Dies ist glaubhaft zu machen, wobei dabei keine allzu hohen Anforderungen bestehen dürften. Es ist davon auszugehen, dass die Vorlage einer behördlichen Verfügung zur Betriebsschließung oder der Verweis auf eine entsprechende Rechtsverordnung genügen sollte.

Allerdings besteht kein Anlass für Mieter, die ausreichend liquide sind, aufgrund dieser Regelung ihre Mietzahlungen auszusetzen: Die Pflicht zur Mietzahlung besteht unverändert und nicht gezahlte, fällige Mietbeträge sind mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Der Ausschluss der Kündigung gilt bis zum 30. Juni 2022. Sind die geschuldeten Mietzahlungen nach diesem Datum noch nicht geleistet, lebt das Kündigungsrecht wieder auf.

Zu beachten ist weiterhin, dass das Kündigungsrecht nur für Fälle ausgeschlossen ist, in denen dem Mieter ausschließlich wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 gekündigt werden soll. Hat der Mieter bspw. schon vor diesem Zeitraum Mietschulden in geringerer Höhe angehäuft, die sich mit Mietschulden aus dem genannten Zeitraum zu einem Betrag von mindestens zwei Monatsmieten summieren, ist auch weiterhin eine fristlose Kündigung möglich. Auch wegen anderer Gründe, die nicht in ausbleibenden Mietzahlungen liegen, besteht das Kündigungsrecht unverändert fort.

Schlagzeilen haben in den letzten Tagen mehrere große Handelsketten wie Adidas, H&M oder Deichmann gemacht, die ankündigten, ihre Mietzahlungen auszusetzen, da sie die Pflicht zur Mietzahlung durch die mangelnde Nutzbarkeit der Geschäftsflächen als hinfällig betrachten. Dies ist juristisch allerdings sehr riskant. Ein Mietmangel aufgrund öffentlich-rechtlicher Beschränkungen liegt nur dann vor, wenn die behördliche Maßnahme ihren Grund in der konkreten Beschaffenheit der Mietsache hat. Dies ist in der Corona-Krise nicht der Fall.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine Mietminderung über das Instrument der Störung der Geschäftsgrundlage. Auch hier ist aber die vertragliche Risikoverteilung zu beachten: Das Verwendungsrisiko der Mietsache liegt dabei regelmäßig beim Mieter. Zwar könnten sich in extremen Ausnahmefällen davon Ausnahmen ergeben. Eine solche Entwicklung der Rechtsprechung kann aber derzeit nicht seriös vorhergesagt werden. Es ist daher zu empfehlen, sich an den Vermieter zu wenden und eine individuelle, einvernehmliche Lösung der Situation zu suchen. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage oder auch ein ausdrücklich im Mietvertrag vereinbarter spezieller Nutzungszweck, der nun unmöglich geworden ist, könnten in den Verhandlungen aber immerhin als Argument dienen.

Das vorstehende gilt gleichermaßen für Pachtverhältnisse.