Informationsbriefe

Informationsbriefe

Zurück

Leider ein Trugschluss, wie die neueste Rechtsprechung zeigt.

Kunden, die bei der Rechnungszahlung lange auf sich warten lassen, sind schon ärgerlich genug. Ist es aber nicht nur die schlechte Zahlungsmoral, sondern die finanzielle Schieflage, die zu schleppender Zahlung führt, können sogar lang zurückliegende Rechnungszahlungen im Insolvenzfall angefochten werden, so dass dies an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlen sind.

Bei der sogenannten Vorsatzanfechtung, bei der vermutet wird, dass der Zahlungsempfänger den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte, kann der Insolvenzverwalter teilweise noch mehrere Jahre zurückliegende Zahlungen anfechten.

Auch wenn der BGH mit seiner neuesten Entscheidung (Urt. v. 6.5.2021 – IX ZR 72/20) die Beweisanforderungen an den Insolvenzverwalter deutlich angehoben und klargestellt hat, dass die Annahme des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes nicht mehr allein darauf gestützt werden kann, dass der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit kannte, wird der Vorsatz nach wie vor bei Vorliegen bestimmter Umstände und Beweisanzeichen vermutet. Insbesondere Stundungsersuchen, nicht eingehalten Ratenzahlungen oder größere Außenstände sind geeignete Indizien, die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit anzunehmen mit der Folge, dass trotzdem entgegengenommene Zahlungen zurückzuzahlen sind.

Die genannten Indizien müssen nach neuer Auffassung des BGH nunmehr allerdings gewichtig sein und sich wie eine eigene Erklärung des Schuldners darstellen, aus Mangel an liquiden Mitteln nicht zahlen zu können. Der Schuldner muss zudem davon ausgehen, seine Zahlungsunfähigkeit auch künftig nicht mehr in den Griff zu bekommen.

Man hatte sich hier vom BGH eine noch deutlichere Erschwernis der Beweisanforderungen für den Insolvenzverwalter erhofft. Diese Erwartung wurde enttäuscht und die Risiken einer Vorsatzanfechtung sind nach wie vor groß. Es ist daher besondere Vorsicht geboten, wenn sich bei Kunden Anzeichen von Liquiditätsproblemen bemerkbar machen. In solchen Fällen besteht Handlungsbedarf, um weiterhin erhaltene Zahlungen im Insolvenzfall nicht zurückzahlen zu müssen. Die Chancen, sich erfolgreich gegen eine Vorsatzanfechtung zur Wehr setzen zu können, sind durch das Urteil aber deutlich gestiegen.